Felicia Zeller

Das Stören der Handlung durch Sprachbarrieren. Das Hängenbleiben in der Absurdität des Sprechakts. Sprechen wollen, aber nicht sprechen können. Dieses Motiv liegt den meisten meiner Stücke zu Grunde. Es sind Alltagsopern, in denen ich gesammelte Sprachfetzen und Realitätspartikel zu einem fiktiven Sound abmische.

Geboren 1970 in Stuttgart, studierte sie an der Filmakademie Baden-Württemberg (Diplom 1998). Felicia Zeller schreibt Theatertexte und Prosa, außerdem ist sie Autorin und Regisseurin vieler Filme und anderer Werke auf dem Gebiet der Neuen Medien.
Auftragswerke/Preise (Auswahl): 1993 Baden-Württembergischer Jugendtheaterautorenpreis für „immer einen hund gehabt/plane crazy (1928)“ / 2001 „Club der Enttäuschten“ (Stadttheater Konstanz) / 2002 „Triumph der Provinz“ (Theaterhaus Jena) / 2005 „Einfach nur Erfolg“ (Theater Freiburg) / 2008 „Kaspar Häuser Meer“ (Theater Freiburg), Publikumspreis des 33. Mülheimer Dramatikerpreis für „Kaspar Häuser Meer“ / 2009 Clemens Brentano Förderpreis für Literatur der Stadt Heidelberg für „Einsam lehnen am Bekannten“ / 2010 „Der große Blöff / Entfernte Kusinen“ (Saarländisches Staatstheater), Preis des Wirtschaftsclubs für „Kaspar Häuser Meer“ / 2011 Nominierung von „Gespräche mit Astronauten“ (Nationaltheater Mannheim) für den 36. Mülheimer Dramatikerpreis / 2012 „X-Freunde“ (Schauspiel Frankfurt), nominiert für den 38. Mülheimer Dramatikerpreis, Hermann-Sudermann-Preis für „X-Freunde“ / 2013 „Die Welt von hinten wie von vorne“ (Nationaltheater Mannheim). / 2015 „Wunsch und Wunder“ (Saarländisches Staatstheater), nominiert für den 40. Mülheimer Dramatikerpreis / 2016 „Zweite allgemeine Verunsicherung“ (Schauspiel Frankfurt), nominiert für den 41. Mülheimer Dramatikerpreis, jetzt als Monologfassung: „Iwanow reloaded“

Stücke:
Bier für Frauen
Club der Enttäuschten
DEUTSCHES HYSTERISCHES MUSEUM
Einfach nur Erfolg
Einsam lehnen am Bekannten
Gespräche mit Astronauten
Der große Blöff / Entfernte Kusinen
Ich Tasche
Ich, dein großer analoger Bruder, sein verfickter Kater und du
Im Café Tassl
Immer einen Hund gehabt/plane crazy (1928)
Kaspar Häuser Meer
Meine Mutter war einundsiebzig und die Spätzle waren im Feuer in Haft
Tot im SuperRiesenAquarium
Triumph der Provinz
Vom Heinrich Hödel und seiner nassen Hand
Die Welt von hinten wie von vorne
Wenn ich was anderes machen würde, würde ich vielleicht nicht immer ans Geld denken
Wunsch und Wunder
X-Freunde
Zweite allgemeine Verunsicherung / Iwanow reloaded

Hörspiele:
Bier für Frauen
Einfach nur Erfolg
Gespräche mit Astronauten
Kaspar Häuser Meer
Kaspar Häuser Meer (Autorenproduktion)
Die Welt von hinten wie von vorne
Iwanow reloaded / Zweite allgemeine Verunsicherung

Iwanow reloaded
Besetzung: variabel

Früher waren Galaveranstaltungen wie die Verleihung der goldenen Frau ein willkommener Anlass einfach nur gut auszusehen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Vorwürfe und Selbstvorwürfe beginnen bereits auf dem roten Teppich.
„Klumpenapokalyse“ heißt nicht nur der Debutfilm des Regisseurs, dessen neuer Unterwasserfilm ÜBERLEBEN IM EIGENEN LEBEN an diesem Abend einen Preis in der Kategorie bester Schauspieler erhalten soll, eine Klumpenapokalypse bilden auch die sich fortschreibenden Kommentare, Beobachtungen und Interventionen der Galateilnehmer. Jede Äußerung wird zum Statement, zur Belehrung, zum Appell.  Jede Äußerung bietet Anlass zu Kritik und Selbstkritik, Schuld, Verunsicherung, Aggression, Verzweiflung. Depression für alle.

Ich, dein großer analoger Bruder, sein verfickter Kater, und du (2016)
Besetzung: 2F, 2M

Der analoge Bruder ist durch eine kaputte Hintertür in die Wohngemeinschaft eingedrungen und setzt sich fest. Er will alles wissen und alles mitschreiben. Durch einen neuen Mietvertrag etabliert er Bewohnerkontrolleinheiten. Die von ihm ausgelöste Überwachungs- und Kontrollsituation führt zu Selbstüberwachung, Misstrauen und gegenseitiger Kontrolle. Alltägliche Gespräche mutieren zu Verhören.

X-Freunde
Früher war alles besser. Früher hatte man einen besten Freund, eine beste Freundin oder sogar beides. Man traf sich spontan auf ein Bier, redete über was man so redet und war happy. Heute hat man X Freunde, aber Treffen war gestern und After-work ist was für Warmduscher. Schließlich sind Mann wie Frau Ich-Aktionäre, Ideenmanager, Venture-Kapitalisten des eigenen Lebens. Nicht sich etwas leisten, sondern selbst etwas leisten ist das neue Credo. Nach generation X, Golf, Praktikum und Casting liefert Felicia Zeller mit ihrem neuen Stück den Generationsbegriff der Stunde: Generation „Beißschiene“. Mit von der Partie sind ein Künstler, eine Unternehmerin und ein Arbeitsloser. Immer on- nie offline, immer telefonierend, e-mailcheckend, twitternd und postend glänzen sie, die Immer-Erreichbaren, durch permanente Abwesenheit. Hat man sich mal verloren im Netz der Netze, einfach Neustart drücken. Arbeit und Freizeit, Selbstausbeutung und Selbstdesign sind endlich identisch. Mit X Freunde hat Felicia Zeller eine tragikomische Bestandsaufnahme der workaholisierten Gesellschaft geschaffen, in der die göttliche Drohung der Vertreibung aus dem Paradies „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“ zum letzten Sinnstifter wird. Und sollte man mal schlafen, ist das maximal ein Ruhezustand.

Kaspar Häuser Meer
Felicia Zeller hat sich in den Alltag deutscher Jugendämter begeben und drei hoffnungslos überforderte Sozialarbeiterinnen zu Heldinnen ihres Stücks gemacht.
„Ein Geniestreich der Autorin war es, nicht die Opfer und nicht die Gewalttäter zu zeigen, sondern ihre Begleiter und Betreuer, – also die Gesellschaft und ihr Klima. Felicia Zellers Stück „Kaspar Häuser Meer“ ist Sprachmusik über und aus unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit. Kein Sozialdrama, kein Betroffenheitsschmus, sondern Theaterkunst.“(aus der Laudatio des Theaterkritikers Hartmut Krug zur Verleihung des Publikumspreises beim Mülheimer Stücke-Wettbewerb 2008)
„Dieses Hinterherhinken bei gleichzeitigem Bemühen darum, schneller zu sein, prägt die berufliche Existenz im Allgemeinen Sozialen Dienst. Die große Sehnsucht nach Prävention, die nicht einlösbar ist, durchdringt ihrer aller Sprechen … Scheitern beschreibt hier nicht einen Skandal, sondern ist auszuhaltender Teil der Arbeit: Helfen mit Risiko.“(Felicia Zeller)

Wunsch und Wunder
Dr. Bernd Flause, Leiter der Kinderwunschpraxis „Praxiswunsch“ und Koryphäe auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin, geht seit ein paar Jahren nur noch gesenkten Hauptes durch die Straßen. Er hat Angst, Spenderkindern aus Zeiten, in denen er gern und oft sein eigenes Frischsperma verwendete, zu begegnen. Kollegin Betty Bauer mit hörbar tickender biologischer Uhr versucht, obwohl sie an der Quelle sitzt, per One-Night-Stand schwanger zu werden, während Arzthelferin Nicole schon wieder ungewollt Mutter wird. Ihre Vertretung schleust sich mit einem falschen Zeugnis auf der Suche nach ihrem biologischen Vater in die Praxis ein. Ihre Ähnlichkeit in Mimik und Gestik mit Dr. Flause fallen allen außer dem Erzeuger selbst sofort ins Auge. Laborleiter Schimmerle jubelt einem ihm aufs Haar gleichenden Patienten sein „Weltmeistersperma“ unter, um seiner Mutter endlich das gewünschte Enkelkind zu liefern.
Mit „Wunsch und Wunder“ hat Felicia Zeller eine abgründige Komödie über real gewordene Schöpfungsphantasien und die Glorifizierung von Elternschaft geschrieben.