Es gab einmal eine Lesung von einem Text, den ich gemeinsam mit Michel Decar geschrieben habe. Ein Stück, dass von 21 Jugendlichen in ihren vorletzten Sommerferien berichtet. Es geht viel hin und her, und Szenen reihen sich an Szenen. Der Text würde von 14 Schauspieler*innen gesprochen, die frontal zum Publikum saßen. Es gibt eine Szene, in der eine junge Frau realisiert, dass ihre Liebe unerwidert bleiben wird. Das macht sie wütend und traurig und so zerstört sie eine wichtige Uhr. Als das passierte, hörte man ein Schluchzen und ein Ohhh durch das Publikum gehen. Da wurde ich wahnsinnig froh. Denn die Zuschauenden waren bewegt. Und das ist es, was ich vom Theater (auch im Verhältnis zu anderen Textformen) am meisten fordere: Gefühle. Natürlich ist das eigentlich sehr komplex, aber dann auch wieder nicht. Lachen, Erstaunen, Scham, Mitgefühl, Wut, Neid und Bewunderung. Diese fremd ausleben zu können. Das mag ich ich. Und der Schlüssel dazu ist die Situation, das immer neu zu beschießende und umzuformende Jetzt.
Jakob Nolte wurde 1988 in Barsinghausen am Deister geboren. Nach Abschluss seines Abiturs zog er nach Berlin, um dort ein FSJ Kultur im Kunstraum Potsdam zu absolvieren. Vor Beginn seines Studiums für Szenisches Schreiben an der UdK in Berlin im Jahr 2010 arbeitete er als Regie- und Dramaturgieassistent am Schauspielhaus Hannover und am DT Berlin. Während des Studiums wurden seine ersten Theatertexte am Landtheater Salzburg uraufgeführt, und er wurde gemeinsam mit Michel Decar zum Heidelberger Theatertreffen, zu den Autorentheatertagen am DT und den Werkstadttagen am Burgtheater eingeladen. Ihr zweites Stück „Das Tierreich“ wurde mit dem Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin ausgezeichnet und bisher an über 30 Häusern im deutschsprachigen Raum aufgeführt. 2016 war Jakob Nolte mit seinem Stück „Gespräch wegen der Kürbisse“ bei den Autorentheatertagen eingeladen, welches im Herbst 2017 am Wiener Schauspielhaus in der Regie von Marco Storman zur Österreichischen Erstaufführung kommen wird. Mit Marco Storman arbeitete er auch an dem Musiktheaterstück „No Future Forever“ am Theater Luzern, bei der 20 jugendliche Spielende und ein 40-köpfiges Orchester beteiligt waren. Sein erster Roman „ALFF“ erschien zunächst auf der Onlineplattform Fiktion in Deutsch und Englisch, wurde dann von Matthes & Seitz Berlin als Hardcover veröffentlicht und 2016 mit dem Kunstpreis Literatur gekürt. Sein zweiter Roman „Schreckliche Gewalten“ (ebenso bei Matthes & Seitz Berlin) stand 2017 auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Im Frühling 2016 war er gemeinsam mit Leif Randt Stipendiat der Villa Kamogawa in Kyoto, um an der gemeinsamen Webseite tegelmedia.net zu arbeiten, einem Online Label für Texte zwischen Literatur und Journalismus, dessen Ziel es ist, erzählerische Formen von Inhalten für den Screen zu kreieren. Für die Rubrik Freitext bei Zeit Online schreibt er über Filme. Momentan arbeitet er an seinem ersten Hörspiel für den BR, bei dem er auch Regie führen wird. Jakob Nolte lebt und arbeitet in Berlin.
Gespräch wegen der Kürbisse
Besetzung: 2F
Menschen im Café, Alltagsgespräche: über Urlaubserinnerungen, Beziehungen, Kapitalverbrechen, Weltraumkanonen und den Mossad. Und natürlich Kürbisse! Jakob Nolte, einer der kuriosesten Humoristen der Gegenwartsliteratur, schlägt daraus Kapital für eine schrille Komödie, in der die Fake News bis ins Private diffundieren. Die Versuchsanordnung ist simpel: Zwei alte Freundinnen treffen sich zum Kaffee und unterhalten sich. Sie haben sich eine Weile nicht gesehen, aber schon bald fallen beide in die lang eingespielten Beziehungsmuster. Perfekt verstehen sie es, ihr Gegenüber zu reizen. Präzise schießen sie unter der Oberfläche des freundschaftlichen Gesprächs verbale Pfeile über den Tisch. Nach und nach entwickelt sich ein Wortgefecht an der Grenze zum Irrsinn, in dem Realität und Fiktion, Lüge und Wahrheit nur noch schwer zu unterscheiden sind.
No Future Forever
Besetzung: ad libitum
Es heißt, es sei ein Nimmerland, voller junger Menschen aus Stadt und Region, die dort ihre eigenen Rituale begingen, ihre eigene Sprache hätten, ihre Feste feierten, Geschichte und Geschichten schrieben. Ihre Geschichten und die eines Landes, das man nicht auf den Landkarten dieser Welt findet, ein Reich der Fantasie. Man sagt, die Mauern des Luzerner Theaters seien die Grenzen des Paralleluniversums. Doch nicht einmal dessen Mitarbeiter können darauf schwören. Denn die Flaggen werden nur nachts gehisst. Und der Ausstieg geprobt.